Die kritische Erziehung des Menschen zur Mündigkeit
- Saif Al Basri
- 23. Jan. 2016
- 3 Min. Lesezeit
Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, die das Handeln des Menschen heute bestimmen, schildern die Abhängigkeit des Subjekts von dem staatlich/wirtschaftlich regulierten System, welches die Individualisierung als primär notwendiger Prozess unterstützt und dadurch die Verdinglichung dieses Subjekts als ein wirtschaftlich Verständliches darstellt. Das hindert die Menschen heute daran, einen Einblick in das Zustandekommen dieser Verhältnisse zu gewinnen. Unser Leben passt sich einer Routine an, die das Bestehen einer Einheit des Ganzen garantiert, und dadurch das sichere Fortfahren des Systems ermöglicht.
Die Illusion eines frei individuell realisierten Lebens, welches uns das System verkauft, verbirgt in sich die Essenz eines profitorientierten kapitalistischen Plans, der das Subjekt verdinglicht durch die Legitimation einer Arbeitsmoral, die diese Einheit zum süchtigen Sklaven bzw. Konsumenten macht, der letztendlich dem System zu dienen haben muss. Denn wir werden so programmiert, arbeiten um Geld auszugeben, nur der Trick ist, dass wir diesen Lohn als Erstattung unserer geleisteten Arbeit akzeptieren, gleichzeitig vergessen wir, dass wir dieses Geld wiederum für etwas ausgeben, was wir gar nicht brauchen, da es auch kostenlos ginge, also sind wir Sklaven. Und genau das macht Sklaven aus: Arbeit ohne Lohn; versklavt durch die Wirtschaft!
Der Mensch wird heute durch das Schul- und Hochschulsystem zu einer Arbeitskraft aufgezüchtet, die das Ziel anstrebt, Geld verdienen um Glück und Anerkennung zukaufen. Der Konsument ist letztendlich nichts anderes als Herdentier, der gerne teilt, was er mag. Und was wir kaufen oder bestellen, das bestimmen die Anderen! Er lässt alle wissen, welche Drogeriekette ihm gefällt und bei welchem Klamottenhersteller er gerne kaufen geht. Dies lässt sich deutlich durch die Sozialen Netzwerke bestätigen! Wir sind nichts anderes als Werbeträger. Ein Teil dieses konsumorientierten Prozesses, und wir machen es kostenlos und mit Vergnügen, denn Konsumieren verspricht uns Glück. Wir Menschen nutzen das Einkaufen gezielt, um unsere Emotionen zu regulieren und schlechte Gefühle zu vertreiben! Walter Benjamin, ein deutscher Philosoph und Literaturkritiker, sagte „Der Kapitalismus dient essenziell der Befreiung derselben Sorgen, Qualen, Unruhen, auf die ehemals die sogenannten Religionen Antwort gaben“ er sei jedoch reiner Kult ohne Transzendenz!
Die Essenz des Menschen wird formalisiert; durch diese Formel wird sie berechenbar und damit einem Nützlichkeitsaspekt unterzogen, präsent und manipulierbar zu sein. Diese Berechenbarkeit macht ihn zu einer berechenbaren Arbeitseinheit, die ihre Erfüllung nur durch dieses System realisieren kann. Die Subjekte werden zum manipulierbaren Kollektiv, und dadurch in der Arbeitsteilung zu Objekten verdinglicht. Die Flexibilität und Anpassung an die moderne Technik und den wirtschaftlichen Markt werden gefordert, dies geschieht nicht nur, weil das System uns aus unserer Unmündigkeit befreien möchte, sondern, weil es dem wirtschaftlichen und politischen Interesse dient. Diese kritische Betrachtung lässt sich in der kritischen Theorie Adornos und Horkheimers, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg veröffentlicht haben, wiederfinden.
Diese Arbeitsmoral muss wieder remoralisiert werden, sodass der Mensch seine Erfüllung in seiner Arbeit findet und sich von der Verführung des blinden Konsumierens befreit. Er soll lernen für sich selbst zu existieren und sich aus seiner Unmündigkeit durch kritisches denken zu befreien. Dies geschieht in dem wir eine deliberative Demokratie fordern, die das System reformiert und die Dominanz der wirtschaftlichen demoralisierten Interessen terminiert.
Deliberative Politik ist, so Habermas und da stimme ich ihm zu, eine Politik der argumentativen Abwägung, der gemeinsamen Beratschlagung und Verständigung über öffentliche Angelegenheiten.
Dies setzt „ideale Prozeduren der Beratung und Beschlussfassung“ und ermöglicht dem Menschen durch das kommunikative Handeln, einen Einblick in das Zustandekommen dieser reziproken wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu gewinnen, was dem kritischen Mensch die Voraussetzung um sich eine Diskontinuität der bestehenden Verhältnisse vorstellen zu können ermöglicht. Denn wir Menschen inhärieren die Fähigkeit sich das vorzustellen, was anders und besser sein könnte, auf einer Skala zwischen der möglichen Realität und dem Absurdum.
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